MID-Wave

Projektbeschreibung

Bei Oberflächen, die industriell eingesetzt und genutzt werden oder einfach nur ästhetisch "schön" aussehen sollen wie z.B. Karosserieteile, spielt die spiegelnde (gerichtete) Reflexion oft die entscheidende Rolle. Die visuelle Prüfung spiegelnder Oberflächen stellt jedoch die Prüfpraxis bisher vor große Herausforderungen. Im Vorhaben soll nun ein optisches Messprinzip untersucht, durch einen neuen Ansatz ergänzt und damit zu einem signifikant verbesserten Prüfverfahren weiterentwickelt werden, das bisher bereits für die Inspektion spiegelnder und teilspiegelnder Oberflächen genutzt wird: die [[Deflektometrie]]. Mit diesem Messverfahren wird das Vorgehen eines menschlichen Prüfers maschinell nachempfunden: Dabei wird das Vorgehen eines bekannten Musters in der spiegelnden Reflexion der Oberfläche betrachtet. Sichtbare Veränderungen dieser Muster erlauben Rückschlüsse auf die Gestalt der Oberfläche. Für das deflektometrische Messprinzip werden im Projekt MID-WAVE Wavelet-basierte Verfahren theoretisch erforscht, implementiert und experimentell charakterisiert. Diese Methoden sollen

  1. zur Beschreibung und effizienten Klassifikation von lokalen Defekten im Skalenraum der Wavelet-Transformation verwendet werden;
  2. dem verbesserten der automatisierten Detektion mit dem Empfinden des menschlichen visuellen Systems dienen;
  3. bei der Rekonstruktion spiegelnder Oberflächen direkt im Skalenraum der Wavelet-Transformation zum Einsatz kommen.

Bisher wurden Theorie und Anwendung Wavelet-basierter Analyseverfahren für die diese Aufgabenstellung noch nicht ausreichend erforscht. Die Wavelet-Analyse erscheint jedoch zur Untersuchung unterschiedlicher Auflösungsstufen besonders geeignet. Als wichtiges Forschungsergebnis ist daher ein sicheres und robustes Analyseverfahren zu erwarten, welches die automatische Qualitätskontrolle spiegelnder Oberflächen signifikant verbessern wird. Auf dieser Basis entwickelte Qualitätssicherungsverfahren sind für den Industriestandort Baden-Württemberg von großer Bedeutung und werden von Kunden z.B. in der Automobilindustrie, aber auch in anderen Industriezweigen, um eine hohe Produktqualität effizient zu sichern und ihre Konkurrenzfähigkeit dadurch nachhaltig zu gewährleisten, stark nachgefragt werden. Eine im Forschungsvorhaben erarbeitete Lösung hat daher entsprechend großes Marktpotenzial.

Zielsetzung im Detail

Im Projekt MID-WAVE soll die Auswertung von Messdaten, die mittels des deflektometrischen Verfahrens gewonnen worden sind, durch die Anwendung von Wavelet-basierten Verfahren wesentlich verbessert werden. Im Gegensatz zu vielen anderen optischen Messverfahren ist die Datenauswertung bei der Deflektometrie integraler Bestandteil des Messverfahrens. Ohne adäquate Auswertung, bei der je nach Aufgabenstellung eine Rekonstruktion der fraglichen Oberfläche oder eine Detektion und quantitative Bewertung von Defekten stattfindet, können deflektometrische Messdaten keinen praktischen Nutzen erzielen. In diesem Zusammenhang soll die Verwendung von Wavelet-basierten Verfahren für geometrische Daten aus deflektometrischen Messungen erforscht werden. Der Einsatz von solchen Verfahren erscheint für deflektometische Messdaten besonders vielversprechend, weil in vielen Anwendungen die zuverlässige Erkennung sowohl von kleinen als auch von großen Defekten und anderen Oberflächeneigenschaften unabdingbar ist. Dies ist mit den bisherigen Analyseverfahren nur eingeschränkt möglich. Wavelet-Verfahren können daher einen wichtigen Ansatz liefern, um multiskalige Oberflächeneigenschaften zuverlässig und effizient zu erfassen.

  1. Lokale Defekte auf ästhetischen oder funktionellen Oberflächen zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf unterschiedlichen Skalen auftreten können. So ist z.B. bei einem lackierten Karosserie-Teil eine Delle durch eine große laterale Ausdehnung von mehreren Zentimetern gekennzeichnet, während ein Lackpickel eine geringe Ausdehnung von wenigen 10µm besitzt. Diese multiskaligen Fehler müssen weiterhin, je nach Ausmaß des zu inspizierenden Objektes, auf großen Flächen lokalisiert werden können. Eine Beschreibung und Klassifikation von solchen multiskaligen Defekten im Skalenraum der Wavelet-Transformation hat daher gegenüber der momentan üblichen Vorgehensweise, bei der Defekte anhand von Schwellwerten detektiert und mit weiteren Merkmalen klassifiziert werden muss, den Vorteil, dass die Detektion und Klassifikation der Defekte durch den Wegfall der sonst erforderlichen zusätzlichen Merkmalsgewinnung vereinfacht werden kann.
  2. Bei ästhetischen Oberflächen ist die Wahrnehmung eines lokalen Defekts sowohl von der Amplitude (der "Höhe" oder "Tiefe" des Defekts) als auch vom Skalenparameter (der "lateralen Ausdehnung") abhängig. Der Abgleich der automatisierten Detektion mit dem Empfinden des menschlichen visuellen Systems bei der Inspektion spiegelnder Oberflächen auf multiskalige Defekte ist momentan noch ein schwer zu lösendes Problem. Um multiskalige Oberflächendefekte automatisch gemäß ihrer Relevanz detektieren und klassifizieren zu können, ist ein solcher Abgleich jedoch unabdingbar. Die Anwendung von Wavelet-basierten Verfahren ist hier besonders vielversprechend, da sie als einzige in der Lage sind, sowohl die laterale Ausdehnung als auch die Amplitude in einem geschlossenen Formalismus zu bewerten.
  3. Zur quantitativen Bewertung von Oberflächen muss in der Regel eine Rekonstruktion der Oberfläche durchgeführt werden. Dies erfolgt bisher normalerweise unter Zuhilfenahme einer geeigneten Regularisierung direkt im Ortsbereich. Da die Beschreibung von Oberflächen in der Wavelet-Transformation wie unter (1) und (2) dargestellt hohes Potenzial bei der Detektion und Klassifikation von lokalen Defekten besitzt, liegt es nahe die Rekonstruktion der Oberfläche direkt im Skalenraum der Wavelet-Transformation, ohne Umweg über die Rekonstruktion im Ortsbereich, durchzuführen. Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt darin, dass bei der Oberflächenrekonstruktion die zur Detektion und Klassifikation benötigten Merkmale direkt erzeugt werden, was den Rechen- und Speicheraufwand reduziert.

Projektpartner

Das Projekt wird gefördert durch die Landesstiftung Baden-Württemberg und in Kooperation mit Prof. Dr.-Ing Thomas Greiner vom Institut für Angewandte Forschung (IAF) der Hochschule Pforzheim (HSPF) durchgeführt.